Stellungnahme: Wheaty in Öko-Test

In seiner Juni-Ausgabe testete das Magazin Öko-Test vegetarische und vegane Bratwürstchen, darunter auch die bio-vegane Seitanwurst „Thuringen“ von Wheaty. Seit April 2021 verkaufen wir das Produkt unter dem Namen „Super Griller“ im Bio-und Reformfachhandel. Im Gesamturteil erhielt unser Produkt die Note „ungenügend“. Dazu möchten wir wie folgt Stellung beziehen:

Mineralölbestandteile (MOSH)

Wir weisen darauf hin, dass Öko-Test eine eigene Skalierung anlegt und sich hierbei nicht an die bestehende Auffassung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) hält. Das BfR vertritt die Meinung, dass Mineralöl-Gehalte in Lebensmitteln zwar unerwünscht und – soweit technisch machbar – zu minimieren sind. Sie stellen aber nach heutigem Kenntnisstand kein akutes Sicherheitsproblem dar. Eine Aufnahme von MOSH/MOAH, die bereits aufgrund der bestehenden „Hintergrundbelastung” überall in der Umwelt unvermeidbar ist, könne sich, so das BfR, durch Lebensmittelverzehr nur geringfügig erhöhen. Des Weiteren sollten die Messergebnisse stets vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass es immer noch keinen gesetzlichen Richt- oder gar Höchstwert gibt und die Abweichungen bei Messungen mit der inzwischen üblichen chromatographischen Methode bei mitunter bis zu 60 Prozent liegen. Wir arbeiten mit allen Mitteln an der Aufklärung des Eintrittsweges. Jedoch macht es die Vielzahl und Komplexität der möglichen Einflussfaktoren sehr schwer, valide und aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Mehrere Produktgruppen wurden und werden über den gesamten Herstellungsprozess hinweg umfassend analytisch begleitet. Die große Messunsicherheit und die in sich nicht schlüssigen Analyseergebnisse lassen bisher keine eindeutigen Tendenzen erkennen, aufgrund derer aus heutiger Sicht sinnvolle Maßnahmen abgeleitet werden können. Dennoch werden weiterhin mit großer Dringlichkeit weiterführende Versuchsaufbauten getestet.

Wir achten seit jeher auf höchste Qualität der verwendeten Bio-Rohstoffe. Trotzdem können externe Einträge derzeit auch bei höchster Bio-Qualität nicht mit vollständiger Sicherheit ausgeschlossen werden, da z.B. schon eine Erntemaschine, die Öl absondert, einen messbaren Eintrag verursachen kann. Aus internen Untersuchungen können wir bestätigen, dass in keinem Abschnitt der Produktion mineralische Öle verwendet werden, die austreten und im Herstellungsprozess eine Verunreinigung herbeiführen können. Im nächsten Schritt sind wir nun aktuell auf die Lieferanten unserer Bio-Rohstoffe zugegangen. Wir haben interne Grenzwerte festgelegt und führen weiterhin verstärkt Rohstoffanalysen durch.

Hefeextrakt

Der Einsatz des von uns verwendeten Bio-Hefeextraktes ist unbedenklich und unproblematisch. Es handelt sich um eine natürliche und wertvolle Zutat, die wichtige Mineralstoffe und Vitamine enthält und gerade im vegetarischen Bereich eine lange und bewährte Tradition hat. Als zum Ende des 19. Jahrhunderts die Reformbewegung entstand, war natürlicher Hefeextrakt unter den ersten pflanzlichen Produkten, die in den Reformhäusern verkauft wurden. Bis heute wird Hefeextrakt als gesundes Lebensmittel vertrieben, so z.B. als Brotaufstrich durch Vitam in Deutschland und als Marmite und Vegemite in der englischsprachigen Welt. In Bio-Qualität hergestellter Hefeextrakt enthält, wie viele andere Lebensmittel auch, beim Herstellungsprozess natürlich entstehendes Glutamat. Dieses kann nicht mit industriell hergestelltem, isoliertem Glutamat gleichgesetzt werden.

Nutriscore

Um die Vorteile veganer Fleischalternativen mit Bio-Zutaten herauszustellen, wünschen wir uns als Hersteller seit Jahren eine einfache und verbraucherfreundliche Zertifizierung. Wir meinen: Eine solche Zertifizierung sollte klar und eindeutig kenntlich machen, ob das gekaufte Lebensmittel auch für den Laien nach verständlichen Kriterien als Teil einer gesunden und ausgewogenen Ernährungsweise einzustufen ist, ob es umwelt- und ressourcenfreundlich produziert wurde und – wie bei unseren veganen Produkten – sogar ohne tierische Zutaten auskommt. Die Bedeutung einer gesunden und nachhaltigen Ernährung und eines ebensolchen Lebensmittelsystems ist, nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie, für VerbraucherInnen noch stärker in den Vordergrund gerückt. Zudem zeigt dies, dass eine intakte Umwelt untrennbar mit der Gesundheit des Menschen verbunden ist (EU-Kommission, Farm-to-Fork-Strategie, 2020).

Der seit kurzer Zeit von Frau BM Klöckner unterstützte Nutri-Score, dessen Etablierung maßgeblich von Herstellern konventioneller Lebensmittel wie Nestlé und Danone forciert wurde, gibt nach unser Auffassung Anlass zu einer mindestens kritischen Betrachtung, wenn nicht gar zu einer Hinterfragung der Zielsetzung. Zumindest in seiner aktuellen Form weist das Nutri-Score-System zu viele Mängel auf, um seinem propagierten Ziel gerecht zu werden, zu einer bewussten Kaufentscheidung von VerbraucherInnen beitragen zu können.

Der eng und einseitig gefasste Algorithmus lässt u.a. eine positive Betrachtung bzw. Bewertung pflanzlicher Öle und alternativer Fettsäurespektren, die zur Herstellung von zum Beispiel Fleischalternativen essentiell sind, völlig außen vor. Für die Ernährung wichtige und wertvolle einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren werden leider nicht ausreichend berücksichtigt. Im bisherigen Score ist nur eine Unterscheidung für einzelne Öle (Raps-, Walnuss- und Olivenöl) vorgesehen. Für eine gleichberechtigte Bewertung im Sinne der Verbraucher und der Bio-Lebensmittelproduzenten ist es deshalb unerlässlich, dass in den Algorithmus weitere hochwertige pflanzliche Öle und alle Fettsäurespektren einbezogen werden. Dies fordern nicht nur wir, sondern auch der Bundesverband für Naturkost Naturwaren (BNN) und damit große Teile der Bio-Branche. Den Nutri-Score in seiner jetzigen Form hält der BNN für ungeeignet; besonders Bio-Lebensmittel würden durch das System benachteiligt. Ebenso ungenügend ist die nicht differenzierte Betrachtung des Ballaststoffgehaltes. Nicht nährwertrelevante Inhaltsstoffe wie Zuckerersatzstoffe werden nicht hinterfragt, sondern haben sogar einen positiven Einfluss auf die Bewertung (Beispiel „Fruchtzwerge“). Der Einsatz von Zusatz- und Hilfsstoffen in der Bio-Lebensmittelverarbeitung ist durch die EU-Öko-Verordnung stark eingeschränkt. Aus gutem Grund! Konventionellen Herstellern dagegen steht eine Vielzahl an Ersatzstoffen zur Verfügung, die die Reformulierung und damit verbesserte Nutri-Score-Bewertung ihrer Produkte erheblich vereinfacht. So werden Hersteller von Bio-Lebensmitteln oft benachteiligt und in der Konsequenz sogar die Verbraucher getäuscht.

Unsere Produkte sind lactosefrei, eifrei, vegan, frei von Füllstoffen, frei von künstlichen Aromen. Attribute, die der Nutri-Score nicht honoriert. Nicht nur wir sehen hier Anlass zur Kritik. So steht zum Beispiel auch der Deutsche Lebensmittelverband dem Nutri-Score ablehnend gegenüber, auch die französische Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umwelt- und Arbeitsschutz sieht das Bewertungssystem sehr kritisch. Wir stellen uns und unseren Kunden daher die Frage: Wollen wir unsere veganen Bioprodukte nach Bewertungskriterien beurteilen lassen, die mit fragwürdigen Zutaten hergestellte Produkte von Großkonzernen wie Nestlé oder Danone so unreflektiert bewerten? Oder richten wir uns lieber weiterhin nach den strengen und bewährten Kriterien der Biobranche? Wenn der Nutri-Score sich als Kompass für hochverarbeitete Lebensmittel aus industrieller Produktion durchsetzt, wird das Bio Siegel allemal mit seinen strengeren Anforderungen daneben bestehen können. Wir gehen fest davon aus, dass unsere Kunden entsprechend differenzieren können.